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Rezension zu Christopher Nolans "The Prestige"... erschienen am 26. Mai 2006...
[7 Monate VOR der Premiere]


Der Katholische Filmdienst, Oktober 2006, schreibt:

Es gibt gute Filme und schlechte Filme, es gibt großartige Filme und es gibt Meisterwerke. Und es gibt aber auch solche Filme, die den Betrachter verwirrt zurücklassen, da sie sich jeder Kategorisierung, auch geschmacklich und qualitativ, schlichtweg entziehen. Der Syd Field Schüler wird fragen: Wessen Geschichte wurde hier eigentlich erzählt? Wo ist der Plotpoint und warum darf dieser Film länger als 120 Minuten dauern?
Um es gleich vorneweg zu sagen - wer das Buch "the Prestige" gelesen hat und eine adäquate Verfilmung erwartet, soll besser gleich zu Hause bleiben. Wer aber das Experiment schätzt und keine Scheu hat vor einem Bastard aus Ed Wood, Rocky Horror, Jules Verne und dem Zauberer von Oz, mag sich auf die konfuse Saga von Magie und Sinnsuche einlassen.
Wird hier, wie in der Romanvorlage, die Geschichte eines Streits zwischen jungen, ehrgeizigen Zauberern erzählt - oder nicht doch eher die Geschichte der verzweifelten Selbstfindung eines alternden Erfinders mit leichtem Gewichtsproblem? Aber warum Nikola Tesla dann auch noch das Singen anfängt, wird uns immer ein Rätsel bleiben. Unvergesslich allerdings der Auftritt des Hasenballets in Teslas Laboratorium, während der Meister dazu seine schrägen Gesänge zum Besten gibt und unter starkem Funkenflug an einer seltsam anmutenden Maschine herumschraubt. ,,Holy Tin Machine" heißt der Song und geht durchaus unter die Haut. Die Szene, in digitales Neo-Art-Deco getaucht, erinnert an die visuell ansprechendsten Momente von ,,Metropolis". Als Tesla allerdings auf einem Stück Shepherds' Pie ausrutscht und in den Maschinenschacht stürzt, mag der Betrachter auch eine Referenz an Chaplins ,,Moderne Zeiten" erkennen oder an den Knetfilm ,,Chicken Run". Hier darf auch gelacht werden, wie überhaupt der gesamte Film eine Gratwanderung zwischen mehr oder weniger freiwilliger Komik und göttlicher Tragödie darstellt.
Die ursprünglich recht simpel funktionale Maschine, im Buch lediglich Mittel zum Zweck, wird hier zum Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte -  ein Apparat zur Manipulation des Raum-Zeit-Kontinuums - und damit zur ewigen Versuchung von Allmachtsphantasien um den Preis der eigenen Integrität. Hier wird es stark philosophisch und der Film so verschraubt wie Scott Walkers ,,The Drift" klingt. Tarkowskij lässt grüßen.
Konnte Regisseur Christopher Nolan dem keinen Einhalt gebieten? Vielleicht ist das immer die Gefahr, wenn man mit lebenden Legenden wie einem David Bowie arbeitet - sie reißen das Script an sich und gestalten es nach ihrem oft sehr eigenen Gusto um. Kommen im Buch ,,the Prestige" Hasen mit Hörnern vor? Oder Vampire und Riesenspinnen? Auch die These, daß Tesla in seiner Jugend ,,Ziggy" genannt worden sei, kommt uns recht gewagt vor. Ob Bowie gar den Regisseur in der Besenkammer eingesperrt hat, um seine Ideen durchzusetzen, bleibt ein Geheimnis.
Die Erlösung durch eine schwarze Schönheit am Ende des Films wirkt dann fast kitschig und banal. Wir hätten uns da mehr erhofft. Hier steigt die bizarre Filmkunst in die niederen Gefilde nachmittäglicher Telenovelas hinab, zumal die Dame, übrigens auch im wirklichen Leben die Ehefrau des Tesla-Darstellers, wie Deus ex machina unter wagnerianischem Getöse und Nebelschwaden aus dem Bühnenboden gefahren kommt - herbeigerufen aus einer fernen Dimension durch eine Fehlfunktion besagten Apparates.
Da werden die anfangs aufgebauten enormen Erwartungen einer spirituellen Erweckung nicht erfüllt, ja, schlimmer noch, jedwede höhere Ambition wird im Stile kleinbürgerlicher 50er-Jahre Moral in einer klebrigen Idylle von Zweisamkeit erstickt. Die an dieser Stelle unnötig freizügigen Szenen lassen uns auch die Freigabe ab 18 als gerechtfertigt ansehen. Mit etwas gutem Willen können wir hier noch einen Appell gegen Rassismus entdecken, da der Film auch im mittleren Südwesten der USA gezeigt wird.
Christian Bale und Hugh Jackmann werden im übrigen zu reinen Nebendarstellern degradiert, die zum Schluss die Trauzeugen für das seltsame Paar abgeben und in Glitzerbadehosen zu Klängen der kanadischen Hip-Kapelle Arcade Fire Reis schmeißen dürfen.
Übrigens wird das Familienunternehmen perfekt mit Bowies Sohn Zowie an der Kamera und Töchterlein Lexi als Brautjungfer. Was Romanautor Christopher Priest zu dieser Verfilmung sagt, wissen wir nicht.
Ganz großartig aber und uneingeschränkt zu empfehlen ist der Soundtrack, der zeitgleich mit dem Kinostart in die Läden kommt. 

Angeblich soll Bowie schon das Script für das Sequel fertig gestellt haben ,,the return of the tin whine machine" - das lässt uns hoffen, daß die Idylle nicht von langer Dauer ist. Premiere soll nächstes Jahr auf dem High Line Festival in New York sein.

J.A. Lopus







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Dr. Z. 2017
first published on Davidbowie.de, 2006
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